Schriftarchäologie

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1.2. Vorgriechische Parallelen zu Urbildern der Keilschrift

Im ersten Buch seiner Historien überliefert Herodot, die Phönizier seien vom Persischen Golf ans Mittelmeer gelangt, hätten Seefahrten unternommen und die Landschaft besiedelt. Mit ägyptischen und assyrischen Waren seien sie schon vor dem Trojanischen Krieg unter anderem nach Argos gekommen Anm. 1. Nach Herodot hat der Phönizier Kadmos die Schrift nach Griechenland gebracht Anm. 2.

Diese Überlieferungen lassen vermuten, dass mit den Seefahrern und ihren Waren auch Lehnwörter oder sogar die Sprache und die Schrift der vorgriechischen Welt aus dem alten Vorderen Orient eingeführt worden sind.

Noch sind Sprache und Sinn der vorgriechischen Bildzeichen weitgehend unbekannt. Im Gegensatz dazu vermögen die Assyrologen grosse Teile der sumerischen, akkadischen, und anderen Urbilder und ihre Kombinationen als Vorläufer der Keilschrift zuzuordnen und zu entziffern. Erschwerend wirkt der Umstand, dass zahlreiche Völker zu unterschiedlichen Zeiten die Keilschrift benutzt haben, darunter zum Beispiel Sumerer, Akkader, Elamier usw.

Immerhin ist die Hypothese nicht von der Hand zu weisen, dass die uns erhaltenen Schriftzeichen aus vorgriechischen Kultstätten und Palästen Analogien zu Urbildern der Keilschrift aus dem alten Vorderen Orient sein könnten. Bestärkt wird diese Hypothese durch die auffällige Ähnlichkeit zwischen Teilen aus dem Diskos von Phaistos und solchen aus der sumerischen Bildwelt.Bildwelt

In der folgenden Tabelle zeigen sich tatsächlich Parallelen, die geeignet sind, diese Hypothese zu unterstützen. Eine rudimentäre Zusammenstellung solcher Parallelen ergibt folgendes Bild:

KRETA MESOPOTAMIEN
SCRIPTAAnm. 3 GORILAAnm. 4 LABATAnm. 5 ZATUAnm. 6 ZATU ZATU

1

A 100/102
       

2
 
S. 150

S. 291
ŠUR2

3
  KA 2
S. 48.2
KA 3
S. 226/271
KA KA 4

4
         

5

A 311

S. 100

S. 296 / 562
TUR
DUMU
BANDA3

6
 
ATU Nr. 22

S. 256/400
NIN

7
 
S. 94

S. 170/7
AB
3

8

AB 09

S. 154

S. 183/65
DA

9
 
S. 142

S. 268/444
DUB
MES
SANGA
UMBISAG

10
 
S. 68
TI
S. 294/551
TI TI

11

A 305

S. 178

S. 199/143
ERIM
ERIN2
BIR3

12

AB 78
       

13
 
S. 62

S. 246/363
MU
MUHALDIM

14
 
S. 166

S. 305/594
URI
KINDA2

15

AB 08

S. 44

S. 179/46
BALA
BAL

16

A 312

S. 46

S. 214/218
GIR2
KIŠIK

17
         

18
 
S. 66

S. 265/435
RU

19

AB 31

S. 46

S. 293/549
TAR
KU5
KUD

20 (falsch!)

Diskos 20 Anm. 7

S. 206

S. 230/289
KI

21
 
S. 152

S. 310/615
ZAG
ENKU

22
 
S. 66

S. 178/41
BAD
2

23
 
S. 212

S. 187/81
DIŠ

24
         

25

AB 58

S. 92

S. 241/339
MA2

26

AB 86

S. 90

S. 270/450
SI

27

AB 180

S. 44

S. 276/485
SU
KUŠ
ZU

28

AB 87

S. 116

S. 304/588
UR2

29
 
S. 234

S. 304/586
UR

30
UDU
AB 77

S. 222
UDU
S. 300/575
DIB
UDU
LU
UDU

31

AB 81

S. 74

S. 251/383
NAM
SIM

32
 
S. 72

S. 249/376
MUŠEN

33

A 330

S. 240

S. 233/302
KU6
HA
PEŠ11

34
         

35

AB 03

S. 134

S. 262/425
PA
UGULA

36

AB 30
 
S. 217/231
GISAL

37

A 316 ?

S. 76.2

S. 211/204
GI
SIG7

38
  AN
S. 48
AN
S. 175/31
AN AN

39

AB 27

S. 156

S. 207/188
GAL

40

A 326

S. 68

S. 287/526
ŠIR
NU11

41
         

42
 
S. 192

S. 213/213
GI6
MI

43
         

44
         

45

AB 76

S. 236

S. 169/1
A
ZA
DISKOS:

46
   
S. 261/423
Zahlzeichen  

Anm. 1: Historien I, Herodot, Wilhelm Goldmann Verlag, München 1961, Seiten 35 und 36.
Anm. 2: Historien V, 58
Anm. 3: Scripta minoa, Arthur J. Evens, Clarendon Press, Oxford 1909, S. 276
Anm. 4: GORILA V, S. XXVIII - LII
Anm. 5: LABAT, zitiert nach Seitenzahl
Anm. 6: ZATU, zitiert nach Seitenzahl und Zeichennummer
Anm. 7: Le disque de Phaistos, Jean-Pierre Olivier, École française d'Athènes, 1975, S. 34


Hans Glarner, CH 8702 Zollikon Diese Seite (www.schriftarchaeologie.ch/zeichen_1_2.php) wurde aktualisiert: 30.03.20

Hans A. Glarner
CH 8702 Zollikon

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