Schriftarchäologie

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3.2. Der Träger im vorgriechischen Kreta

In ländlichen Gegenden kann man Frauen oder Männer sehen, die abgeschnittenes Gras auf ein Tuch oder Netz legen, die Ecken verknoten und unter dem Knoten den Stiel eines Rechens oder einer Heugabel hindurch stossen. Dann schultern sie die so vorbereitete Last und tragen sie nachhause.

Diesen Vorgang hat wohl ein Schreiber in Hagia Triada auf einer Tontafel dargestellt Anm. 1:

Tontafel HT 100
Zeile 2

Gut zu sehen ist ein Mensch, der geht und mit einem rechenähnlichen Gerät über der Schulter ein Bündel auf dem Rücken trägt. Die wichtigsten Teile dieser Bildaussage finden sich in einem Wort, das in Mesopotamien mit den Keilschriftzeichen U2, IL2 (GA6), GIN vorkommt Anm. 2:

U2 IL2 / GA6 GIN

U2 kann "Kraut, Pflanze, Nahrung" bedeuten Anm. 3. IL2/GA6 heisst "heben, tragen, bringen" Anm. 4. Dem Šumerischen Lexikon ist zudem zu entnehmen, dass U2 auch "Last" bedeuten kann Anm. 5 und GIN bedeutet "gehen" Anm. 6.

Die Zeichenkombination U2 + IL2 bezeichnet den Grasträger Anm. 7:

   
U2 + IL2 = Grasträger

Sofern wir annehmen, dass die frühen Linear A-Zeichen mit den Urbildern der mesopotamischen Keilschrift verwandt sind, haben wir es auf der Tontafel HT 100 mit dem Beruf "Grasträger, Lastträger" zu tun.

Anm. 1: GORILA I, Seite 164
Anm. 2: Schriftarchäologie der altmesopotamischen Kultur, Kurt Jaritz, Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 1967, S. 281, Nr 1809
Anm. 3: ŠAG, S. 98
Anm. 4: ŠAG, S. 133
Anm. 5: ŠL, S. 545, U2 = bil-tú = Last
Anm. 6: ŠAG, S. 62
Anm. 7: ŠAG, S. 99 und SL S. 548


Hans Glarner, CH 8702 Zollikon Diese Seite (www.schriftarchaeologie.ch/einzel_3_2.php) wurde aktualisiert: 17.07.07

Hans A. Glarner
CH 8702 Zollikon

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